Donnerstag, Juli 14, 2011

Parashat Pinchas - פרשת פנחס


In der Jüdischen Altstadt von Jerusalem

Photo: Miriam Woelke

B"H

Die Thoralesung an diesem Schabbat

Der eigentliche "Showdown" der Parashat Pinchas ereignete sich schon in der Thoralesung Balak (vom letzten Schabbat): Nachdem Bilam scheiterte, die Juden zu verfluchen, besann er sich auf eine neue Waffe gegen sie. Diesmal mit etwas mehr Erfolg, wie wir gleich sehen werden. Bilam ging strategisch vor und sah, dass G - tt nichts mehr haßt als sexuelle Perversitäten und Götzendienst. Wenn das Fluchen halt nicht so funktioniert wie gewünscht, dann machen wir es anders, so Bilam zu seinem Auftraggeber Balak. Er überzeugte Balak die Töchter Moavs (Moabiterinnen) loszuschicken und die Israeliten zum Götzendienst zu verführen.

Nebenbei bemerkt: Die ganze Szenerie erinnert mich an die heutige Vorgehensweisen christlicher Missionare, die sich seit Jahren in Israel breitmachen und ihre Spielchen treiben.

Ebenso nebenbei: Wenn sich die Prophezeihungen des Bilam bezüglich der Israeliten genauestens anschaut, dem wird bewusst, dass es sich hierbei um direkte Prophezeihungen für die Zukunft des jüdischen Volkes handelt. Unter anderem der Krieg gegen die Nachkommen des Amalek, welcher als Erster der Weltgeschichte die Juden ausmerzen wollte.

Die Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 106a gibt uns Aufschluß über die spezielle Taktik des Bilam. So errichteten die Moabiterinnen Zelte auf den Wegen der Israeliten, in denen neue Kleidung verkauft werden sollte. Obwohl uns die Midrasch lehrt, dass die Israeliten in der Wüste ständig über saubere Kleinung verfügten und diese immer mit dem Wachstum der jeweiligen Person mitwuchs, waren die Israeliten dennoch ganz wild auf neue Kleidung (so der Talmud - Kommentator Maharsha).

Sobald ein Israelit in besagtem Zelt verschwand, gaben ihm die Frauen ammonitischen Wein zu trinken. Laut dem Jerusalemer Talmud Sanhedrin rief jener Wein ganz besondere sexuelle Gelüste hervor. Die Israeliten konnten nicht wiederstehen und so forderten die Moabiterinnen sie auf, ihren eigenen Götzen Baal Peor anzubeten. Die Anbetung Baal Peors unterlag einem ganz besonderen Ritual, wie uns die Gemara in Sanhedrin 106a sowie 64a lehrt. Es war eines der scheußlichsten Rituale überhaupt (siehe Raschi) und soweit mir bekannt ist, wird dieses Ritual in unserer heutigen Zeit nicht mehr praktiziert. Die Statue des Baal Peor wurde bei der Anbetung mit den eigenen Fäkalien beschmiert.

Viele Israeliten vergaßen sich selbst und nahmen an diesem Ritual teil. Ein Israelit namens Zimri brachte sogar eine dieser Frauen mit in das israelitische Lager und forderte Moshe in aller Öffentlichkeit heraus. Schließlich habe Moshe selbst eine Midianiterin (Zippora) geheiratet und was er sich denn so aufregen wuerde (Talmud Sanhedrin 82b). Laut Halacha gibt es gewaltige Unterschiede zwischen dem Verhalten Zimris und Moshes. Als Moshe die Zippora heiratete, gab es erstens noch keine Thora und somit unterlag er keinem Verbot. Zweitens konvertierte Zippora zum Judentum und diente dem Einen G - tt. Somit war Zimris Anschuldigung ziemlich lächerlich. Alle Israeliten konvertierte bei der Gabe der Thora gleichzeitig zum Judentum. Somit auch Zippora. Sie den Raschi - Kommentar !

G - tt sandte eine Plage ins israelitische Lager, in welcher 24.000 Menschen ihr Leben verloren. Pinchas, der Sohn Elazar und Enkel Aharons, sah rot. Er wußte, dass jemand unverzüglich handeln mußte, um das aufkommende Unglück abzuhalten und die Israeliten vor sich selbst zu retten. Er nahm einen Speer, ging in das Zelt Zimris, der gerade Sex mit seiner Geliebten Cozbi hatte, und stach den Speer durch beide Körper zugleich (Talmud Sanhedrin 82b). Sofort nahm die Plage ein Ende und die Israeliten waren gerettet. Aber anstatt Pinchas dankbar zu sein, wurde er von vielen schlecht gemacht und sie lästerten über ihn. Er komme ja selbst aus einer zweifelhaften Familie des Yitro, der selbst einmal ein Götzenpriester war. Was ihm einfiele, hier den Zimri umzubringen.

Bei Raschi lesen wir, dass dies der Grund ist, warum G - tt die volle Abstammung des Pinchas in der Thora erwähnt. Pinchas, der Sohn des Elazar, der wiederum der Sohn Aharons ist. So sollte klargestellt werden, dass es sich keinesfalls um eine zweifelhafte Familie handelte.

Im kabbalistischen Buch ZOHAR lesen wir, dass Rabbi Shimon Bar Yochai der Ansicht war, dass zu dem Zeitpunkt die Israeliten verdienten zu sterben. Doch Pinchas rettete sie mit seiner heldenhaften Tat. Er war der Einzige, der die Initiative ergriff und sofort handelte. Alle anderen erkannten nicht, dass es eine Mitzwah (Gebot) war, den Zimri zu töten (das chassidische Buch "Noam Elimelech").

Von G - tt wurde er dafür zum Cohen (Tempelpriester) ernannt, ein Amt, was ihm von Geburt an nicht zustand. Es ist der einzige Fall in der Geschichte, an dem ein "Fremder" zum Cohen ernannt wird. Ansonsten lautet die von G - tt erlassene Regel, dass jemand nur aufgrund seiner gebürtigen Herkunft Cohen sein kann.

Die Chassidut sieht in Pinchas den perfekten Zaddik (Gerechten), was an dieser Stelle heißt, dass Pinchas G - ttes Willen erfüllte, sein Volk rettete und er die oberen Welten mit der unteren verband. Wir wiederum sollten uns mit einem Zaddik verbinden, um so eine Einheit (Yichud) in dieser Welt zu erreichen (Degel Machane Ephraim).

Der Mensch sollte genügend Verstand besitzen zu wissen, was richtig und was falsch ist. Manchmal kommen in ihm Gedanken auf, bei denen ihm sein Verstand sofort sagt, dass es falsch wäre dies und das zu tun (Baal Shem Tov). Genau dann sollte er seine ganze Kraft aufbringen und nicht seinen körperlichen Gelüsten bzw. dem Materialismus folgen, sondern sich auf seine Spiritualität besinnen und sich gleichzeitig die Frage stellen, warum er hier auf dieser Welt ist. Wer hat ihn hierher gebracht und zu welchem Zweck ?

Der Sinn unseres Dasein besteht darin, G - ttes Willen auszuführen und demnach einen Platz in der Olam HaBah (der kommenden Seelenwelt) für uns zu gewinnen. Leider verlieren wir in vielen Lebenssituationen unser Ziel aus den Augen und wenden uns den äußeren Einflüssen zu (Raschi). Genau das passierte den Israeliten in der Wüste. Sie dachten nur an ihre eigenen Gelüste, ohne wahrzunehmen, dass die ihr eigentlicher Feind und ihr Untergang sind.

Bis Pinchas HaZaddik (der Gerechte) kam und das Volk wieder mit G - tt verband. Die Chassidut nennt das die Hauptaufgabe eines Zaddik. Er ist der zentrale Punkt und er sorgt dafür, dass G - tt und die Juden eine Einheit bilden (Rabbi Yaakov Yitzchak Horowitz - der Seher von Lublin). Sein Konkurrent, Rabbi Yaakov Yitzchak Rabinovicz von Peshis'cha stimmte dem nicht ganz zu und gab eine andere Erklärung ab. Der Zaddik muß ebenso an sich selbst arbeiten und seine Hauptaufgabe bestehe darin, die Menschen Spiritualität zu lehren und sich so auf einem höheren Level zu bewegen.

Hätte es nicht ausgereicht, wenn die Thora "Pinchas" einfach nur "Pinchas ben Elazar" anstatt "Pinchas ben Elazar ben Aharon" - Numbers (BaMidbar) 25:10 - 11 - nennt ? 
Raschi kommentiert hier, dass viele damalige Israeliten Pinchas immer wieder mit seinem ehemals götzendienerischen Großvater Yitro aufzogen. Verschiedene weitere Quellen lassen verlauten: An dieser Stelle wurde der Name des Großvater Aharons genannt, um deutlich zu machen, dass Pinchas in den heiligen Wegen seines Großvaters Aharon wandele und nicht und keineswegs auf götzendienerischen Pfaden. Siehe Kommentar "Siftei Chaachamim" !

Dass, was uns die Parasha und Pinchas lehren ist, dass wir im Leben Initiativen ergreifen müssen und nicht tatenlos zusehen. Natürlich soll nicht jeder von uns einen Speer in die Hand nehmen und drauflos rennen, aber dennoch sollten wir uns niemals schämen, uns für die Thora in einer richtigen Art und Weise einzusetzen. Selbst dann nicht, wenn wir von außen kritisiert werden. Vielleicht sollten wir Juden das vor allem im Zeitalter des wieder aufkommenden Antisemitismus berücksichtigen.

Schabbat Schalom

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen